Ich erwachte, als ich die warme Sonne auf meinen Füsse spürte. Langsam zog ich meine Beine wieder in den Schatten und streckte genüsslich meine Arme in die Luft. Es gab Gemütlicheres, als auf diesen grossen Kieselsteinen am Strand zu liegen. Trotzdem war ich so glücklich wie lange nicht mehr. Vor mir rauschte das azurblaue Meer, neben mir erledigte meine Freundin Nisi gerade ihre Hausaufgaben. Ein paar Teenies unterhielten sich angeregt über ihre letzten Liebesabenteuer. Der himmlische Duft der Pizza, die sie sich teilten, wehte zu uns rüber. Und wir würden gleich essen gehen. Das Leben war einfach und schön.
Südfrankreich war ein Traum. Das Meer, das Essen, die Leute, die Stimmung. Morgens Schule, nachmittags Strand oder Shopping und abends liessen wir es uns bei einer Flasche Rosé gut gehen.
Genau so hatte ich mir meine Ferien vorgestellt.
Ich war überrascht, als Mathieu mich an meinem zweiten Ferientag am Strand ansprach. Nisi und ich liessen gerade den Abend ausklingen und hatten mehrere Minuten lang amüsiert beobachtet, wie er sich in einer kleinen Plastikflasche einen Cocktail gemixt hatte. Er sah, dass ich nicht alleine war, aber das störte ihn nicht. Mathieu sprach unglaublich schnell. Mein Französisch war gut, trotzdem verstand ich nur die Hälfte seiner Aussagen. Nachdem er mir ausführlich von seinen Besitztümern, sprich seinem schönen Auto und seiner grossen Wohnung erzählt hatte, wollte er mich zu sich einladen. Er war süss und ich suchte nicht Ernstes, wollte ihn aber trotzdem noch etwas zappeln lassen. Ich mochte es erobert zu werden. Sobald wir unsere Nummern ausgetauscht hatten, liess ich ihn alleine am Strand zurück.
Malik hatte ich über eine Dating-App kennengelernt. Das Treffen mit ihm sollte zu einem der schönsten Dates meines Lebens werden. Es war wirklich unglaublich romantisch. Er holte mich auf seiner Vespa ab und nach ungefähr einer halben Stunde kamen wir auf dem Aussichtspunkt an, von welchem er mir zuvor erzählt hatte. Es war stockdunkel. „Du bist mit einem wildfremden Typen alleine auf irgendeinem Hügel und hast nicht den blassesten Schimmer, wo du bist. Du musst ihm jetzt einfach vertrauen.“ Doch ich musste mir keine Sorgen machen, Malik war der absolute Gentleman. „Schau, da unten ist der Hafen und dort gleich hinter dem Hügel ist Monaco…“ Malik nahm meine Hand und führte mich herum. Beeindruckt machte ich mehrere Aufnahmen von der schönen Aussicht.
Danach fuhren wir an einen wunderschönen Sandstrand. Es war bereits zwei Uhr morgens und ich wusste, dass ich nicht viel Schlaf kriegen würde, aber ich genoss jede Minute. Höflich drehte mir Malik den Rücken zu, als ich mich umzog.
Das warme, weiche Wasser umspielte meinen Körper. Es war traumhaft schön. Malik, der zuvor etwas zurückhaltend gewesen war, startete seinen ersten Annäherungsversuch. Er musste mich nicht lange umgarnen. Wir verbrachten eine unvergessliche Nacht.
Auch Du warst in Südfrankreich unterwegs. Ich dachte immer wieder mal an Dich, doch ich war fest entschlossen, diese Gedanken nicht Überhand nehmen zu lassen.
Ich war mit meiner neuen Eroberung vom Strand am Schreiben und wollte gerade duschen gehen, als Deine Nachricht aufleuchtete. Wie vom Donner gerührt starrte ich auf mein Telefon. Hatte ich gerade richtig gesehen? War das wirklich Dein Name, der da stand?
J’étais à Nice il y a deux jours.
Kein „hallo“, kein „wie geht es dir“, einfach nur dieser Satz. Du schlugst ein Treffen vor und mein erster Gedanke war „ich date bereits drei Typen, ich habe jetzt keine Zeit für dich“. Trotzdem liess ich mich breitschlagen und stimmte Deinem Vorschlag zu.