Sommer (12)

Ich erwachte, als ich die warme Sonne auf meinen Füsse spürte. Langsam zog ich meine Beine wieder in den Schatten und streckte genüsslich meine Arme in die Luft. Es gab Gemütlicheres, als auf diesen grossen Kieselsteinen am Strand zu liegen. Trotzdem war ich so glücklich wie lange nicht mehr. Vor mir rauschte das azurblaue Meer, neben mir erledigte meine Freundin Nisi gerade ihre Hausaufgaben. Ein paar Teenies unterhielten sich angeregt über ihre letzten Liebesabenteuer. Der himmlische Duft der Pizza, die sie sich teilten, wehte zu uns rüber. Und wir würden gleich essen gehen. Das Leben war einfach und schön.

Südfrankreich war ein Traum. Das Meer, das Essen, die Leute, die Stimmung. Morgens Schule, nachmittags Strand oder Shopping und abends liessen wir es uns bei einer Flasche Rosé gut gehen.

Genau so hatte ich mir meine Ferien vorgestellt.

Ich war überrascht, als Mathieu mich an meinem zweiten Ferientag am Strand ansprach. Nisi und ich liessen gerade den Abend ausklingen und hatten mehrere Minuten lang amüsiert beobachtet, wie er sich in einer kleinen Plastikflasche einen Cocktail gemixt hatte. Er sah, dass ich nicht alleine war, aber das störte ihn nicht. Mathieu sprach unglaublich schnell. Mein Französisch war gut, trotzdem verstand ich nur die Hälfte seiner Aussagen. Nachdem er mir ausführlich von seinen Besitztümern, sprich seinem schönen Auto und seiner grossen Wohnung erzählt hatte, wollte er mich zu sich einladen. Er war süss und ich suchte nicht Ernstes, wollte ihn aber trotzdem noch etwas zappeln lassen. Ich mochte es erobert zu werden. Sobald wir unsere Nummern ausgetauscht hatten, liess ich ihn alleine am Strand zurück.

Malik hatte ich über eine Dating-App kennengelernt. Das Treffen mit ihm sollte zu einem der schönsten Dates meines Lebens werden. Es war wirklich unglaublich romantisch. Er holte mich auf seiner Vespa ab und nach ungefähr einer halben Stunde kamen wir auf dem Aussichtspunkt an, von welchem er mir zuvor erzählt hatte. Es war stockdunkel. „Du bist mit einem wildfremden Typen alleine auf irgendeinem Hügel und hast nicht den blassesten Schimmer, wo du bist. Du musst ihm jetzt einfach vertrauen.“ Doch ich musste mir keine Sorgen machen, Malik war der absolute Gentleman. „Schau, da unten ist der Hafen und dort gleich hinter dem Hügel ist Monaco…“ Malik nahm meine Hand und führte mich herum. Beeindruckt machte ich mehrere Aufnahmen von der schönen Aussicht.

Danach fuhren wir an einen wunderschönen Sandstrand. Es war bereits zwei Uhr morgens und ich wusste, dass ich nicht viel Schlaf kriegen würde, aber ich genoss jede Minute. Höflich drehte mir Malik den Rücken zu, als ich mich umzog.

Das warme, weiche Wasser umspielte meinen Körper. Es war traumhaft schön. Malik, der zuvor etwas zurückhaltend gewesen war, startete seinen ersten Annäherungsversuch. Er musste mich nicht lange umgarnen. Wir verbrachten eine unvergessliche Nacht.

Auch Du warst in Südfrankreich unterwegs. Ich dachte immer wieder mal an Dich, doch ich war fest entschlossen, diese Gedanken nicht Überhand nehmen zu lassen.

Ich war mit meiner neuen Eroberung vom Strand am Schreiben und wollte gerade duschen gehen, als Deine Nachricht aufleuchtete. Wie vom Donner gerührt starrte ich auf mein Telefon. Hatte ich gerade richtig gesehen? War das wirklich Dein Name, der da stand?

J’étais à Nice il y a deux jours.

Kein „hallo“, kein „wie geht es dir“, einfach nur dieser Satz. Du schlugst ein Treffen vor und mein erster Gedanke war „ich date bereits drei Typen, ich habe jetzt keine Zeit für dich“. Trotzdem liess ich mich breitschlagen und stimmte Deinem Vorschlag zu.

Nah und fern (11)

Drei Wochen nach Beginn des Ausnahmezustands musstest Du für einen Militäreinsatz in eine andere Stadt reisen. Vom ersten Tag an schriebst Du mir. Sogar Sprachnachrichten schicktest Du. Nachdem eine dieser Nachrichten von Deinem Kollegen unterbrochen worden war, schicktest Du eine neue. Alles, um mich glücklich zu machen.

Lachend erzählte ich Dir in einer meiner Sprachnachrichten, wie sehr es mir gefiel, Deine Stimme zu hören. Deine Antwort liess mein Herz wieder hüpfen.

J’aime trop ton rire.

Du erzähltest mir von Deinem 24-Stunden-Einsatz. Danach warst Du noch so aufgedreht, dass Du mit einem Kollegen etwas joggen gingst. Sogar als wir abends schrieben, warst Du noch nicht müde.

Deine Haare waren raspelkurz und von Deinem Bart musstest Du Dich vorübergehend trennen. Ich mochte eigentlich keine so kurzen Haare bei Männern. Aber an Dir gefielen sie mir.

Spontan riefst Du mich eines Abends an. Ich war so überrascht von diesem Anruf, dass es mir die Sprache verschlug. Es war zu schön Deine Stimme zu hören, einfach nur ein wenig zu sprechen.

Sobald Du wieder zuhause warst, änderte sich unsere Kommunikation. Meistens war ich diejenige, welche Dir schrieb. Manchmal ignoriertest Du mich sogar. Dein Verhalten enttäuschte mich, denn ich wusste, wie viel ich Dir bedeutete. Ich sagte Dir auf liebevolle Art und Weise, dass ich gerne wieder so oft mit Dir schreiben und sprechen würde wie zuvor. Du warst einverstanden mit meinem Vorschlag, ändertest Dein Verhalten aber nicht lange. Ich wollte aber auch nicht eine Freundin sein, die wegen ein paar Nachrichten zu wenig rumnervte. Ich nahm mir vor, das Thema bei unserem Treffen anzusprechen.

Überhaupt hatte ich alles auf unser Treffen verschoben. Ich wollte Dir in die Augen sehen, während ich über diese Dinge sprach. Es war einfach gewisse Themen zu umgehen, wenn wir nur schrieben.

Ich versuchte meine gute Laune beizubehalten, aber es fiel mir schwer. Einen Lichtblick gab es aber: Die Grenzen würden bald wieder geöffnet. Als ich ein Treffen vorschlug, wolltest Du wissen, wie dieses ablaufen würde.

On parle de l’avenir? Et de notre situation?

Ich war erstaunt. Es war Dir ernst. Natürlich könnten wir über diese Dinge sprechen, meinte ich nur. Ich freute mich.

Einen Tag später schickte ich Dir ein konkretes Datum. Du wichst aus. Eine Freundin hatte Geburtstag und veranstaltete ein Fest. Eine Party nach der langen Zeit ohne zu feiern. Ich verstand Dich. Am Wochenende wolltest Du Deine Eltern besuchen, die Du seit zwei Monaten nicht gesehen hattest. Auch dafür zeigte ich Verständnis, erwähnte aber trotzdem, dass wir uns zuletzt vor einem Jahr gesehen hatten.

Ich bat Dich mir Deine Vorschläge zu schicken, da ich zeitlich flexibel war. Anstatt mir ein paar Tage anzugeben, meintest Du:

Il faut être honnête. On est trop loin. J’ai une vie très prise, on se verra jamais. Je ne sais pas ce que je veux en ce moment ni ou j’en suis. Et je peux pas te donner tout ce que tu veux. Je préfère être seul.

Deine Nachricht versetzte mir einen kurzen Stich ins Herz. Ich wollte Dich anrufen, doch Du winktest ab. Ich war ja Deiner Meinung – um eine Beziehung zu führen sollte man genau wissen, was man wollte. Was mich wütend machte, war, dass Du nicht einmal mit mir reden wolltest. Du wolltest Dir meine Sicht der Dinge nicht anhören, Du hattest Deinen Entschluss alleine gefasst. Du wusstest genau, dass Dein Verhalten nicht fair war, aber diesmal wolltest Du einfach egoistisch sein. Du wolltest Dich nicht mit Deinen Gefühlen auseinandersetzen. Hätten wir uns getroffen, wäre es schwierig gewesen sich nicht mit ihnen zu befassen.

Und irgendwie war ich auch erleichtert, Fabrice. Erleichtert, dass ich nicht mehr an alles denken, alles organisieren, dieses scheinbar zerbrechliche Konstrukt unserer Verbindung nicht mehr analysieren musste. Du wolltest nicht, also bitte. Ich hatte mich zu lange auf Dich konzentriert. Nun war ich fest entschlossen, mich nur noch um mich selbst zu kümmern, mein Leben zu geniessen und Dir dabei zu zeigen, was Dir entging. Und ich hatte auch schon einen Plan.

 

Verbunden (10)

Und dann wurde in Frankreich der Ausnahmezustand erklärt. Die Grenzen wurden geschlossen, Reisen verboten. Nur noch in besonderen Fällen durftet Ihr das Haus verlassen. Euer Präsident sprach sogar von Krieg. So etwas hatten weder Du noch ich jemals erlebt.

Wir wollten einander sehen, doch wir konnten nicht. Knapp vier Stunden voneinander weg. Vier Stunden, das war doch keine Distanz. Vier Stunden – aber Du warst eingesperrt in Deinem eigenen Land.

Trotzdem war ich so glücklich, Fabrice. So glücklich. Ich erzählte zunächst niemandem davon, dass wir wieder Kontakt hatten, ja sogar zusammen waren. Physisch getrennt, aber doch zusammen. Wie in einer kitschigen Liebesgeschichte.

Ich sah Dich nur auf Bildern, und ab und zu hörte ich Deine Stimme, doch dies tat meiner Überschwänglichkeit keinen Abbruch. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich vor mich hin grinste. Ich konnte es einfach nicht fassen.

Wir sprachen viel über die Zeit, in der wir voneinander getrennt waren. Du beteuertest abermals mich nicht blockiert zu haben. Ich kündigte an, Dir die Frage beim nächsten Wiedersehen nochmals zu stellen. Und Du lachtest Dein süsses Lachen.

Obwohl wir ab und zu von der Vergangenheit sprachen, lebten wir auch im Moment. Während eines unserer wenigen Telefongespräche trugst Du Deine Einkäufe nach Hause. Du hattest keine Pasta gefunden. Auch Mandeln hatte es im Supermarkt keine gegeben. Und während ich Dich mit Fragen überhäufte, meintest Du plötzlich:

Pourquoi c’est si beau d’entendre ta voix?

Du hattest mich nicht vergessen, Fabrice. Die ganze Zeit, in der wir keinen Kontakt gehabt hatten, hattest Du immer wieder an mich gedacht. Es war Dir gleich ergangen wie mir. Wir schienen unsichtbar miteinander verbunden zu sein. Zwillingsflammen eben. Ich erzählte Dir von diesem Konzept, doch Du wolltest nicht so recht daran glauben.

Je suis ton âme? fragtest Du mehr belustigt als überzeugt. Trotzdem gabst Du zu, dass an unserer Verbindung etwas dran war. Auch Dir war dieser Moment auf dem Bett, als wir uns lange in die Augen gesehen hatten, in Erinnerung geblieben.

C’était intense et profond quand on se regardait.

Sogar vom Zusammenziehen, von Heirat und von Kindern sprachst Du, Fabrice. Dies geschah vorsichtig und meist versuchtest Du diese Ideen als die meinen auszugeben. Wie ein scheues Reh tastetest Du Dich vor, um Dich kurz danach wieder zurückzuziehen.

Dieses Verhalten bestätigte mir nur, was ich schon seit längerer Zeit gewusst hatte. Unsere Begegnung hatte auch in Dir die intensivsten Gefühle ausgelöst, die Du je erlebt hattest. Und obwohl wir uns nicht sehen konnten, wurden diese von Tag zu Tag stärker.

 

 

Übergang (9)

Julio war ein Franzose, den ich fast zeitgleich mit Dir kennengelernt hatte. Er war belesen, klug, interessant – und ziemlich gutaussehend. Leider hatte er es nicht so mit dem Flirten. Statt mir ein Bild seines Gesichts mit einem netten Spruch zu schicken, hatte er mir mehrere Bilder seiner Hand geschickt. Daraufhin hatte ich ihn mehrere Monate lang ignoriert.

Nun sah ich zufällig, dass er Geburtstag hatte und schickte ihm eine Nachricht. Die Antwort folgte prompt. Und diesmal schickte er mir Küsschen.
Nanu, hatte er sich der ungeschickte Julio etwa Flirtkünste angeeignet?

Wir schrieben und tauschten uns aus. Endlich wieder ein Mann, mit dem ich über Bücher sprechen konnte. Er schickte mir eine Sprachnachricht. Zum ersten Mal hörte ich seine Stimme und sie gefiel mir. Das Kopfkino liess nicht lange auf sich warten.

Meine Tränen waren getrocknet. Ich dachte immer noch an Dich, Fabrice, aber was hätte ich denn tun sollen? Du warst in einer neuen Beziehung und ich wollte nicht mehr an Dich denken.

Ich war Feuer und Flamme, als Julio mich für einen Samstag in seine Stadt einlud.

Er war wirklich süss. Etwas unbeholfen, wie ich vermutet hatte, aber ich merkte, dass ich ihm gefiel. Er lud mich zum Essen ein. Manieren hatte er sich anscheinend auch angeeignet. Danach gingen wir in eine Bar. Ich war beschwipst und Julio war ziemlich charmant. Er lächelte mich an, berührte wie zufällig mein Knie. Und dann küssten wir uns.

Ich verbrachte die Nacht bei Julio. Ich war überzeugt davon, dass er nichts Ernstes wollte und suchte am nächsten Morgen meine Sachen zusammen, um mich aus seinem Schlafzimmer zu schleichen. Doch ich hatte ihn falsch eingeschätzt. „Bleibst Du nicht zum Frühstück?“ rief er mir hinterher. Schuldbewusst drehte ich mich um. „Doch, natürlich, gerne.“

Ab diesem Moment verging kein Tag, an dem mich Julio nicht kontaktierte. Anfangs fand ich es süss, wie er mir den Hof machte und liess mich von ihm auf Händen tragen. Doch ich merkte bald, dass es sich bei Julio, so nett er war, um den falschen Franzosen handelte. Du warst immer noch der, den ich wollte, Fabrice. Und so sehr ich mich bemühte, nicht darüber nachzudenken, diese Tatsache konnte ich nicht ignorieren. Und das war Julio gegenüber nicht fair.

Ich bat ihn um ein Treffen, um ihm reinen Wein einzuschenken. Es fiel mir schwer, ihn zu verletzen, aber da musste ich durch. Julio konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Noch immer erstaunte es mich, dass er Gefühle für mich entwickelt hatte.

Es war nur fair, den Kontakt mit Julio abzubrechen.

Ich war freudig überrascht, als ich ein paar Wochen später eine Nachricht von Mariano erhielt; einem Italiener, mit dem ich vor ein paar Jahren in Ibiza kurz angebandelt hatte. Mariano war ein süsser und unterhaltsamer Typ, der das Leben liebte und für den ich immer noch eine Schwäche hatte. Er wohnte in Italien, aber wenn wir uns unterhielten, kam es mir vor als stünde er direkt neben mir. Unsere Konversationen brachten mich zum Lachen. Mariano’s Einladungen nach Italien zu kommen hatte ich stets ausgeschlagen – ich wollte mir nicht von einer Ferienliebe das Herz brechen lassen.

Nun musste Mariano berufsbedingt mehrere Wochen in einem Kaff in Italien verbringen. „Hier gibt es nur Felder, Blumen und Hühner“, schrieb er mir. Ihm fiel langsam aber sicher die Decke auf den Kopf. Um ihn abzulenken, schickte ich ihm das Bild einer sehr ungewöhnlich geformten Süsskartoffel, die ich mir für mein Abendessen gekauft hatte. Sie erinnerte mich stark an die primären Geschlechtsmerkmale eines Mannes. Oder an die sekundären einer Frau. Mariano reagierte sogleich. „Das ist eine heisse Kartoffel. Wenn man den ganzen Tag keine Menschen sieht, findet man sogar Kartoffeln sexy.“ Ich lachte. „Du scheinst etwas auf Entzug zu sein.“ „Glaub mir, Du möchtest nicht in meinem Körper stecken. Meine Hormone spielen verrückt.“

Die nächsten Tage verbrachte ich durch mein Mobile mit Mariano. Wir sprachen über Gott und die Welt, tauschten Essensbilder aus und vergnügten uns virtuell miteinander. Ich hatte unendlich viel Spass. Es tat so gut. So gut, dass ich Dich tatsächlich für kurze Zeit vergass, Fabrice.

Mariano war gerade dabei mir ein paar unanständige Wörter auf Italienisch beizubringen, als ich Deine Nachricht erhielt. Ich war überrascht, denn wir hatten uns seit ein paar Wochen nicht mehr gehört. Zögerlich schrieb ich Dir zurück. Und plötzlich fingst Du wieder an mir Herzen und Küsschen zu schicken. Mir platzte der Kragen.

Pourquoi tu envoies des bisous et des coeurs?? Tu fais ça avec tout le monde? Tu as une copine, non?

Die Antwort, die folgte, verwirrte mich.

C’est toi, ma copine.

Und dann riefst Du mich an. Ich stellte meine Frage erneut.

On n’est plus ensemble.

Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Dann nahmen meine Gefühle überhand. Unglaubliche Erleichterung überkam mich. Wir unterhielten uns und Du warst wieder so lieb wie am Anfang. Es war so schön. Und es wurde noch schöner.

Dein Lachen. Mein Herz springt vor Glück.

J’ai pensé à toi. Beaucoup. Et j’aimerais te revoir.

Du willst mich bald wiedersehen. In der Stadt am See, in Paris oder bei mir.

Comme tu veux.

Wir beenden das Telefonat. Du schreibst mir noch ein paar liebevolle Nachrichten und wünschst mir dann eine gute Nacht.

Und diesmal passen Deine Herzen. Wir sind wieder zusammen.

Comme un miroir cassé
il me montre
tous

un petit peu macho
ça fait plus bestial
des problèmes
de communication
que la porte entre nous
mais lui il est si loin comme
les montagnes
de ma ville

je tourne et je tourne et
je tourne
3 heures du mat
comme d’habitude
je me fâche je suis triste
je me demande pourquoi
pourquoi c’est nécessaire

où est la solution il faut la trouver
pour que je puisse
dormir
enfin dormir
laisse-moi dormir je te demande
s’il te plaît je suis fatiguée
j’en peux plus

elle est trop difficile la route
je m’arrête?
je prends une route différente?
ce serait plus facile
de préférer l’attraction
à la magie
mais la magie tu vois
la magie elle
me rend folle
elle me laisse pas
elle est mon destin je pense

j’ai peur et
j’ai envie de frapper quelqu’un
l’aggréssion elle est là mais
elle doit partir non?
pour que je me sens mieux, non?

aide-moi
pourquoi tu es pas là pour moi?
tu es où?
ton monde est tout différent putain

est-ce que c’est la vie
ou c’est moi
c’est que dans ma tête?
je t’ai créé dans ma tête
je peux te changer comme je veux?

les conversations avec toi
dans ma tête
et tout à coup tu es lui

mais non c’est pas moi
cette personne
moi je viens du paradis
où je me sens libre et je danse
sous les étoiles
l’air est doux et
je passe mon temps
dans la mer

c’est ici ma maison
ou je suis moi-même
je veux plus me perdre
et un jour
je rentrerai

L’homme de mes rêves

Il vient me chercher
avec sa voiture
pour que je puisse
porter des talons hauts
à la table
plus tard
je suis sa princesse
et quand on ne sera
plus seuls
sa reine
il veut me tenir
chaque jour
et je lui manque
tellement
tellement

il me fait l’amour
chaque jour
pour toujours
il me regarde
quand je dors
et il me contacte
dans ses rêves
pour qu’on soit
connectés
dans ce monde
et aussi dans l’autre
il ne corrige pas
le, la
n’importe quoi
il est là
il est là
il est là.

In my ideal world

In my ideal world
I get good morning texts
every day
in my ideal world
you love to communicate
as much as I do
in my ideal world
you pick me up
we drive to the lake
we eat ice cream
and we kiss
in my ideal world
I can get upset at you
without you being scared
in my ideal world
you know that I am
a part of you
and you are not afraid
if I ask you to meditate
in my ideal world
you are right now
lying next to me
caressing me endlessly
loving me
until I’m out of breath
for you never are
in my ideal world
I don’t have to think of
creative ways to say
how much you annoy me
sometimes

I am pretty
every day
and you are my muse.

Revelation (8)

Nachdem ich Dich zweimal per Email kontaktiert und monatelang nichts von Dir gehört hatte, schrieb ich Dir eines Abends eine gewöhnliche SMS. Ich wollte endlich Klarheit.

Am nächsten Tag wachte ich gut gelaunt auf. Inmitten meiner Morgenroutine warf ich einen Blick auf mein Mobile. Und da sah ich ihn, Deinen Namen. Einige Minuten lang stand ich wie vom Donner gerührt da. Endlich war der Moment gekommen, endlich würde ich wissen, was vorgefallen war.

Je ne t’ai pas bloqué. J’avais changé de portable.

Wie bitte? Das konnte doch wohl nicht Dein Ernst sein. Wir hatten also nichts mehr voneinander gehört, weil Du nun ein anderes Mobile hattest und die Kontakte vom alten nicht übernommen worden waren? Hattest Du Dich denn nicht gefragt, warum unsere Konversation so urplötzlich abgebrochen war?

Je ne pensais pas que pour toi c’était autant sérieux tout les deux que tu voulais à tout prix me revoir.

Ich konnte nicht glauben, was ich da las. Du dachtest also, dass die Sache für mich damals nicht ernst war? Ich überlegte, wie Du darauf gekommen sein könntest. Ich war mir keiner Schuld bewusst, ich dachte, ich hätte Dir gesagt und geschrieben, dass ich Dich wiedersehen wollte. In Deinem Kopf musste sich jedoch ein anderes Szenario abgespielt haben.

„Aber woher kommt diese Unsicherheit, ich hatte ihm doch klargemacht, dass er mir auch gefiel?“ Ich nahm einen Schluck von meinem Hugo und sah Victory an. Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber jeder ist doch mal unsicher.“

Wir sassen freitagabends in einer netten neuen Bar unweit des Hauptbahnhofs. Ich erzählte Victory detailliert von unserem Gespräch. „Er fragte mich mehrmals, ob ich denn jetzt etwas Ernsthaftes suche. Ich bejahte natürlich. Ich fand diese Fragen komisch, denn ich hatte ihm ja damals schon gesagt, dass ich mehr von ihm wollte. Und dann, nachdem wir meine Wünsche besprochen hatten, sagte er mir, er habe jetzt eine Freundin.“

Der Gedanke daran gab mir immer noch einen Stich ins Herz. Endlich hatten wir uns wiedergefunden und nun warst Du nicht mehr frei. Trotzdem fragtest Du mich, ob ich Dich denn wiedersehen wolle. Natürlich wollte ich, aber nicht unter diesen Umständen. Ich wollte keine Affäre mit Dir beginnen. Ich wollte Dich nicht teilen. Ich wollte Dich ganz für mich allein.

Ich nahm mir vor, Dich nicht mehr zu kontaktieren, konnte mich aber nicht an mein mir selbst auferlegtes Verbot halten. In unseren Konversationen wurde klar, dass sich an unserer intensiven Verbindung nichts geändert hatte. Du mochtest mich immer noch. Als ich Dich jedoch um ein Treffen bat, blocktest Du ab.

J’ai une copine…

Einerseits war ich froh darüber, denn dieses Verhalten zeigte mir, dass Du treu warst. Anderseits sehnte ich mich so sehr nach Dir, dass es weh tat. Ich wusste nicht, wo mir der Kopf stand.
„Vielleicht sagt er mir ja bald, dass er wieder single ist“, dachte ich kurz, vergass diesen Gedanken aber bald wieder.

Schliesslich archivierte ich unseren Chat, stürzte mich in neue Projekte und überliess unser Schicksal dem Universum.

 

Der Turm (7)

Da sind wir nun auf dem Eiffelturm, Du und ich. Es ist ein wunderschöner sonniger Herbsttag. Ich trage meinen graues Hoodiekleid, die passenden Stiefel und meine rote Lederjacke. Meine Haare flattern im Wind. Du trägst einen dunkelgrünen Pulli mit V-Ausschnitt, der Deine Augen schön zur Geltung bringt, darüber eine schwarze Lederjacke. Du siehst so toll aus! Wir stehen nebeneinander am Geländer im zweiten Stock und lächeln uns an. Ich fühle mich so gut. Du und ich und Paris, das ist alles, was ich brauche. Wir küssen uns lange. Diese unbeschreibliche Energie zwischen uns!
Ich könnte die ganze Welt umarmen. Du gibst mir nochmal einen Kuss und gehst danach zu einem Pärchen, das unweit von uns gerade dabei ist ein paar Fotos zu schiessen. Sie geben Dir ihre Kamera und Du machst mehrere Bilder von ihnen. Du unterhältst Dich, siehst kurz zu mir und kommst wieder zurück. Du legst den Arm um mich und küsst mich auf die Wange. So, genau so muss sich der Himmel anfühlen.

Dann gehst Du ein paar Schritte weg und drehst Dich wieder zu mir um. Du siehst mich an und lächelst dieses Lächeln, bei dem mir so warm ums Herz wird. Deine Augen leuchten. Und dann, plötzlich, ziehst Du eine kleine Schachtel aus Deiner Jackentasche und gehst in die Knie. Ich merke, wie die Leute um uns herum anfangen zu tuscheln. Jemand zückt sein Handy. Ich erkenne das Pärchen von vorhin.

Ungläubig sehe ich Dich an.

Voudrais…

Deine Stimme zittert.

Voudrais-tu m’épouser?

Ich stehe fassungslos da. Es passiert, es passiert wirklich. Ich spüre wie die Tränen in mir aufsteigen, als ich es schaffe ein leises „oui“ über meine Lippen zu bringen. Du strahlst, umarmst und küsst mich, während die Leute um uns herum laut zu applaudieren und zu pfeifen beginnen…

 

Überglücklich öffne ich die Augen. Die Visualisierung hat sich dieses Mal wirklich echt angefühlt. Immer noch spüre ich das Kribbeln im Bauch, die Tränen auf meinen Wangen und Deinen Kuss auf meinen Lippen.

Gut gelaunt gehe ich in die Küche und setze Wasser für Pasta auf während „Marry you“ von Bruno Mars aus den Boxen tönt. Laut singe ich mit.

Ich weiss, dass das ein kurzer Blick in unsere Zukunft war. Ich freue mich auf Dich.

Die dunkle Nacht der Seele (6)

Es war 11 Uhr abends, Ibiza bereitete sich für die Nacht vor. Ganz Ibiza? Nein, ein Feriengast schlug sich gerade mit einem viralen Infekt herum. Einem Infekt, den sie wahrscheinlich von diesem ekligen Typen, der ihr vor dem Hï unbedingt die Hand küssen wollte, aufgeschnappt hatte.

Ich wälzte mich hin und her. Mein Kopf pochte, mir war gleichzeitig heiss und kalt und jetzt musste ich auch noch husten. Ich starrte an die Decke und fluchte vor mich hin. Nicht genug damit, dass ich mir in meinen Sommerferien die Grippe eingefangen hatte; jetzt rasten auch noch 1000 Gedanken durch meinen Kopf.

Warum passiert das ausgerechnet mir? Wieso ich, wieso jetzt? Ich verdiene das nicht! Ich wollte doch meine Ferien geniessen, jeden Abend ein anderer Club, tanzen, Leute kennenlernen, gut essen. Und jetzt verpasse ich ausgerechnet Idris Elba; den DJ, für den ich überhaupt hergekommen bin. Argh!

Komm schon, steh auf. Das wird schon irgendwie gehen. Denk an Idris!

Aber ich konnte nicht. Ich fühlte mich elend. Ich wusste, dass ich die Nacht im Hotelzimmer würde verbringen müssen.

Doch das Ganze sollte noch schlimmer werden. Mein Körper wehrte sich gegen die Krankheit, bäumte sich auf. Ich hustete und hustete, schnappte nach Luft. Und dann konnte ich einfach nicht mehr. Ich dachte an all die schrecklichen Dinge, die in der letzten Zeit geschehen waren. Daran, dass Du keinen Kontakt mehr mit mir wolltest, mich von einem Tag auf den anderen grundlos aus Deinem Leben gestrichen hattest. Ich dachte an alle Leute, die mir in den letzten Wochen unrecht getan hatten. Ich war allein, im Hotelzimmer auf meiner Lieblingsinsel, krank, während die anderen feierten. Es tat alles so weh.

Leise weinte ich vor mich hin.

Und plötzlich kamen sie, die dunklen Gedanken.

„Was soll das denn alles bringen? Ich versuche es wieder und wieder und nichts ändert sich in meinem Leben. Es wird sich nie etwas ändern. Wieso stehe ich überhaupt noch auf? Wieso mache ich weiter? Es wird immer so weitergehen. Ich werde nie erfolgreich sein. Ich werde nie glücklich sein. Ich könnte hier sterben und niemand würde es merken. Würde es überhaupt jemanden interessieren…?“

Où es-tu, Fabrice?

Ich stelle mir vor, wie Du neben mir liegst und mir über die Haare streichst. Du redest mir gut zu.

Tout va bien, chérie? T’inquiète, je suis là.

Du küsst meine Stirn. Du bist hier bei mir, ich bin sicher. Und endlich, endlich kann ich schlafen.

Die restlichen Tage versuchte ich so gut es ging zu geniessen. Es fiel mir schwer, denn ich hatte aufgrund der Grippe neben meinem Appetit vorübergehend auch meinen Geschmackssinn verloren. Nicht einmal das Essen in meinem Lieblingsrestaurant schmeckte mir. Ich war frustriert. Am letzten Tag sass ich apathisch auf einer Bank und starrte vor mich hin. Ich wollte nur noch weg.

Im Zug nach Hause liefen mir beim Musikhören plötzlich die Tränen über die Wangen. Warum, konnte ich mir nicht erklären. Ich war eigentlich meistens gut gelaunt  – diese depressive Phase war ungewöhnlich für mich.

In den nächsten Wochen wurde ich immer wieder von düsteren Gedanken heimgesucht. Je mehr ich mich gegen sie wehrte, desto öfter erschienen sie. Schliesslich gab ich auf und liess die negativen Gefühle zu. Und langsam sah ich das Licht am Ende des Tunnels. Ich wurde wieder zu mir selbst.